Entenstrich, Krähen aus dem Blind, Kaninchen vor dem Frettchen und natürlich zwischendurch ausgiebig auf dem Jagdparcours trainieren. Welches Flintensystem kommt einem jagd- und sportlichen Alleskönner am nächsten?


Um es gleich vorweg zu nehmen, ich hatte schon fast alle Arten von Flinten im Waffenschrank stehen und habe sie jagdlich geführt. Allerdings beschränke ich mich in meiner Betrachtung auf die vier Hauptarten Doppel-, Bockdoppel-, Selbstlade- und Vorderschaftrepetierflinte.


Natürlich gibt es etwa von Marlin eine Repetierflinte mit Kammerstängel und 90-cm-Lauf für Gänse, ist die legendäre Cosmi fast eine Mischung aus Bock- und Selbstladeflinte und zieht manch ein Purist mit einer Einlaufflinte los. Aber sicher 98 Prozent aller Jägerinnen und Jäger nutzen diese vier Grundmodelle.


Doppelt oder nichts


Meine erste eigene Flinte war eine Doppelflinte Simson Suhl 35/70 E mit Ejektor. Kenner rümpften trotz englischer Schäftung die Nase ob des grobschlächtigen Auftritts der Zwölfer. Und auch Augustinus von Papen vom Jagdparcours Heisterberg im hessischen Leun begrüßte mich grinsend mit einem: „Na, was haben Sie denn da für eine Postkutschenflinte?“ Trotzdem war ich in den ersten Jagdjahren gern mit ihr unterwegs, spielte sie doch ihren größten Trumpf, das überschaubare Gewicht, vor allem beim stundenlangen Stokeln aus. 


Die schweren 36-g-Ladungen zwickten allerdings ordentlich in der Schulter, und der hintere Abzug stand unverhältnismäßig hart. Als ich dann häufiger den Jagdparcours besuchte und die Läufe etwas heißer als sonst wurden, nervte der schmale Vorderschaft. Zudem irritiert das Zielbild nebenein­anderliegender Läufe auch das Auge beim Mitschwingen auf die Wurfscheiben. Darüber hinaus gibt es natürlich stabilere Verschlüsse als den doppelten Laufhaken samt Greenerriegel; zumindest wenn es um die Dauerbelastung einer Schießstandflinte geht. So gingen wir irgendwann getrennte Wege …

 


Doppelflinte 


Vorteile 
Die klassische Flinte des Niederwildjägers 
Leicht, führig – erst recht als 20er oder 28er 
Verdaut jede Munition 
Sicherung auf dem Kolbenhals 
Meist stabiles Messingperlkorn 


Nachteile 
Schmaler Vorderschaft stört bei heiß geschossenen Läufen 
Schwere Vorlagen entwickeln heftigen Rückstoß 
Durch das Abkippen der Läufe im Schirm schwer nachzuladen 
Doppelabzug mit verschiedenen Abzuggewichten 
Nebeneinanderliegende Läufe schränken beim Tontaubenschießen die Sicht etwas ein 
Manche Verschlüsse kommen bei Dauerbelastung schneller an die Verschleißgrenze 
Schäfte lassen sich i.d.R. nur in der Länge anpassen 

 

Wer pumpt, hat mehr vom Leben


Ungewöhnlicher der Neuling: eine Winchester 1300 Defender mit 50-cm-Lauf und Perlkorn. Eine Spinnerei und einigen Artikel zur BdMP-Disziplin „Praktische Flinte“ bei VISIER geschuldet. Tatsächlich ging es mit ihr auf die Baujagd, begleitete sie mich auf Revierrundgängen und pflückte auch die eine oder andere Krähe vom Himmel. Dabei lässt sich das Röhrenmagazin im Schirm genauso leicht nachfüllen wie bei einer Selbstladeflinte, da man keine Läufe abkippen muss. 


Jede erdenkliche Art von Munition verdaut die Pumpe ohne Murren. Am nachhaltigsten beeindruckte mich dabei das Abfeuern einer Sellier & Bellot-Patrone mit roter Plastikhülse und Tiger-Em­blem. Sie hatte mit sage und schreibe 53 g Vorlage wahrlich den Tiger im Tank. Im Schuss vergaß ich kurzerhand das Repetieren, da die Winchester derart nach hinten ausgekeilt hatte, dass ich mich davon erstmal erholen musste. Die kurze Schwarze verschwand irgendwann wieder sang- und klanglos aus meinem Leben, denn eine neue „Liebe“ war schon wieder entfacht.

 


Vorderschaftrepetierflinte 


Vorteile 
Dank Röhrenmagazin leicht in beengten Verhältnissen nachzuladen 
Verdaut jede Munition und Vorlage 
In der Regel Magnumbeschuss mit 12/76 
Mit Magazinverlängerung viel Feuerkraft (6 und mehr Schuss) 
Stabiler Verschluss mit Keil- oder Drehkopfverriegelung im Lauffortsatz 
Nur ein Abzuggewicht 
Längere Läufe moderner Versionen mit Wechselchokes 


Nachteile 
Das Repetieren im Schuss muss (!) geübt werden 
Durch das System große Gesamtlänge (Waffenschrank!) 
Man muss sich nach leeren Hülsen bücken 
Nicht gern gesehene Waffe 
Meist fummelige Druckknopfsicherung 

 

Alles wie von Geisterhand


Als VISIER-Redakteur kam man nicht an einem weiteren großen Wurf von John M. Browning vorbei: der Auto 5. Ebenfalls in 12/70, dafür mit einem abgrundtief hässlichen Holzschaft, der in Sachen Maserung und Farbe eher einer Apfelsinenkiste glich als einem ordentlichen Stück Nussbaumholz. Ich schätzte ihren schnellen 3. Schuss, wünschte mir aber mehr Kapazität, schließlich war ich das von der Winchester gewohnt. In Baden-Württemberg wurde 2020 im JWMG der § 31 geändert, wonach es für den jagdlichen Einsatz verboten ist, „auf Wildtiere mit halbautomatischen Langwaffen, die mit insgesamt mehr als fünf Patronen geladen sind, zu schießen“. Damit ist im Ländle die 2 + 1-Regel hinfällig.


Der Selbstlader verfügt darüber hinaus noch über eine sehr positive Eigenschaft: Er zähmt den Rückstoß! Verfügt er darüber hinaus noch über Rückstoßabsorber, spezielle Schaftkappen o.Ä. am Hinterschaft, schießt er sich butterweich. Die 24-g-Ladungen für Trap und Skeet, die wir beim WTC Landscheid zum Zerstäuben von Wurfscheiben aussandten, verdaute die Auto 5 mal besser, mal schlechter – je nach Sorte. Neuere Selbstladeflinten verarbeiten i.d.R. alles von 24 bis 53 g ohne Störungen. Auch Wechselchokes sind bei den aktuellen Modellen genauso Usus wie ein durch Zwischenlagen anpassbarer Hinterschaft. Wir gingen 1,5 Jahre miteinander, erlebten auf Tauben einige volle Ernte­tage, und ihr schneller 3. Schuss bescherte mir das eine oder andere fast verloren gegangene Waidmannsheil. 

 


Selbstladeflinte 


Vorteile 
Zielbild mit nur einem Lauf und i.d.R. Leuchtkorn 
Leichtes Nachladen des Röhrenmagazins im Schirm 
Moderne 12/76er Flinten verarbeiten Vorlagen von 24 bis 53 g 
Schwere Vorlagen schießen sich angenehmer 
Meist stabiler Drehkopfverschluss 
Nur ein Abzuggewicht 
Schäfte durch Zwischenlagen anpassbar 
Wechselchokes sind heute Usus 


Nachteile 
Durch das lange System große Gesamtlänge (Waffenschrank!) 
Man muss sich nach leeren Hülsen bücken 
Jagdlich auf 2 + 1 Schuss beschränkt (außer in BW) 
Fummelige Druckknopfsicherung 
Ältere Modelle sind oft etwas munitionsfühliger 

 

Über- statt nebeneinander


Als ich mal wieder bei meinem Haus- und Hofbüchsenmacher Gerhard Hahn in Bendorf reinschaute, hielt er mir unversehens ein hässliches Entlein unter die Nase und murmelte etwas von „fast neu, ist ne Krieghoff mit Einabzug, Fischbauchschaft und fixen Viertel- und Dreiviertel-Chokes“. Hübsch war sie nun wirklich nicht. Ich verließ den Laden. Zwei Wochen später fiel mir unser Gespräch wieder siedendheiß ein, und ich bemühte das Internet. Schneller habe ich eine Nummer nie wieder gewählt. Tatsächlich, sie war noch da, die K32 in 12/70 für 1.800 Euro. Ich kaufte sie am Telefon! 


Diese Flinte habe ich nun seit 2003. Irgendwann ging die Plastik-Schaftkappe zu Bruch und wurde durch eine neue aus Gummi mit Anti-Slip-Oberteil ersetzt. Nachdem ich in irgendeiner Jagdzeitschrift einen Artikel von Wolfram Osgyan „Mehr treffen, weniger entwerten“ über den Vorteil offen gechokter Flinten gelesen hatte, ließ ich bei Krieghoff anschließend den Dreiviertel- auch auf Viertelchoke aufreiben und neu beschießen.

Bis zum heutigen Tag führe ich die bleischwere K32 auf verschiedenen Jagdparcours, und man kann tatsächlich auch mit einer solch offen gebohrten Flinte Wurfscheiben auf 40 bis 50 m treffen. Schwingen tut das „Eisenschwein“ eh wie von selbst. Daher begleitet sie mich auch zur Enten- und einigen Stamperljagden. Aber da verfluche ich öfter ihre 3,8 kg Leergewicht und beneide die Mitjäger um ihre leichten Quer- oder Bockflinten. Unter anderem meine Frau mit ihrer 20er Beretta. Allerdings würde ich mich nicht dazu versteigen, eine 20er Flinte per se als Damenwaffe zu bezeichnen, nur weil sie leicht ist. Denn die Kehrseite der Medaille ist oft ein veritabler Rückstoß, der ursächlich für so manche Schussscheue ist. Leistungsmäßig steht eine 20er in geübter Hand einer groben Zwölfer jedoch in nichts nach.

 


Bockdoppelflinte 


Vorteile 
Verdaut jede Munition 
Meist 76er Patronenlager inkl. Magnum- und Stahlschrotbeschuss 
Stabile Verschlüsse auch für Dauerbelastung auf dem Stand 
Meist Einabzug mit Umschaltung 
Wechselchokes sind heute Standard 
Sicherung auf dem Kolbenhals 
Schäfte lassen sich mit Zwischenlagen u./ o. verstellbarem Schaftrücken (Sportmodelle) gut anpassen 


Nachteile 
Durch das Abkippen der Läufe im Schirm schwer nachzuladen 
Doppelabzug mit deutlichen Abzuggewichtsunterschieden bei älteren Modellen 

 

Fazit: Wer gern klassisch unterwegs ist und mehr jagt als er auf dem Schießstand ist, kann zur Querflinte greifen. Einer Alleskönnerin am nächsten kommt die Bockflinte. Wer jedoch seinen jagdlichen Schwerpunkt auf Ente, Gans und Krähe legt und dabei oft aus dem Schirm jagt, sollte als Zweitflinte einen Selbstlader wählen. Die hohe Schule ist und bleibt die „Pumpe“, denn ohne viel Übung klappt’s nicht – sie wird dann irgendwann meist aus Frust verkauft!

 

Text: F. und S. Numßen
Bild: FN, SN

Oktober 31, 2025 — Karl-Heinz Reinold