Sommersauen: Wald hui, Feld pfui!
In den Monaten Juli und August geht es vor allem darum, den Schaden im Feld im Blick zu behalten, dort jagdlicht Druck aufs Schwarzwild auszuüben und die Sauen im Wald zu „beschäftigen“.
Pirsch und Ansitz auf Sommersauen sind schon wegen der langen Tage und kurzen Nächte kräftezehrend. Manchmal lässt man dann halt auch mal den Pirschstock im Auto liegen und setzt sich zum Durchschnaufen an einer von den Sauen heimgesuchten Getreidefläche an. Und dann zwinkert einem Diana zu: Wie im Revier Biebrich in Rheinland Pfalz, wo sich zum besten Tageslicht eine stärkere Rotte hinter mir im Wald akustisch ankündigte, ich mich in aller Seelenruhe fertig machen und mit sauberem Schuss eine Überläuferbache strecken konnte. Sie quittierte die Kugel nicht mit einer 180-Grad-Wende in den Wald, sondern machte es mir leicht und flüchtete vor mir durchs Getreide, wo ich sie nach rund 50 Meter auf der Wundfährte nur noch einsammeln brauchte. Wenn es nur immer so einfach wäre.
Die angezogenen Striche weisen das Stück als führende Bache aus, die Frischlinge bummeln wohl hinterher. Der Finger bleibt natürlich gerade!
Denn zu dieser Jahreszeit ist Deckung und Fraß im Überfluss vorhanden, entsprechend unstet sind die Sauen. Damit man nicht ständig zweiter Sieger bleibt, sollte man sich vorher einen Plan machen. Man muss die Tageseinstände und Hauptwechsel im Sommer kennen, die "hot spots" im Feld ausmachen und scharf jagen. Dafür herrscht im Holz Ruhe! Dort werden Daueräsungsflächen mit reichlich Klee angelegt, Ablenkkirrungen bzw. Wühlstreifen regelmäßig beschickt und Suhlen „bewirtschaftet“, damit der Wald fürs Schwarzwild attraktiv ist. Doch der Reihe nach …
Felder ziehen Sauen magisch an
Schwarzkittel sind keine Kostverächter und lieben Abwechslung auf dem Speiseplan. Maisfelder, Getreideschläge und grüne Wiesen mit tierischem Eiweiß üben eine immense Anziehungskraft aus und locken sie aus den Wäldern. Der Frühjahrs- und Sommerabschuss hat aber auch Vorteile. In der Zeit der kurzen Nächte bekommt man Sauen häufiger als zu anderen Jahreszeiten sogar bei Tageslicht vor die Büchse, was den Wahlabschuss und das sichere Treffen erleichtert.
Ob Raps, Getreide oder Mais – das Feld zieht Sauen magisch
an und bietet neben Fraß auch reichlich Deckung.
Mit dem 1. April werden aus Frischlingen Überläufer. Bis Juni/ Juli treten diese Überläufer meist in Rotten auf. Das Geschlecht der Stücke lässt sich dank Sommerschwarte gut das ansprechen und es ist vergleichweise einfach, den schwächsten „rauszuzwicken“. Im Idealfall (Zuwachsträger) ist das eine nicht führende Überläuferbache.
Bachen mit ihren Frischlingen stecken in der Zeit schon gerne in Schlägen und verursachen dort Schaden. Je jünger die Bache, desto fester steckt sie und lässt sich auch durch Abwehrmaßnahmen kaum zum Wegziehen bewegen; es fehlt ihr einfach die Erfahrung! Von mobilen Hochsitzen aus lassen sich größere Schadflächen einsehen und dort gezielt Frischlinge entnehmen. In Zeiten der Milchreife verlassen diese Muttertierrotten das Getreide kaum, weil sie dort auch weniger Ungeziefer heimsucht. Gibt es dann noch in der Nähe des Schlages kleine Suhlen oder Feuchtgebiete, ist das Schwarzwild-Eldorado perfekt!
Ansprechen und schießen ist nicht einfach
Das Schießen in der Frucht ist und bleibt schwierig, denn meist schauen nur die Rücken der Bachen raus, während die Frischlinge verschluckt bleiben. Nur in den Fahrspuren oder auf Fehl- oder Schadflächen hat man gelegentlich die Möglichkeit, das Stück in voller Pracht ansprechen zu können. Hier ist die Wärmebildtechnik ein großer Fortschritt und sorgt schnell für die nötige Klarheit; ob eben doch Frischlinge bei der Bache stehen oder nicht. Allerdings kann sie auch keine Wunder vollbringen, man kann nicht mit Röntgenblick durch zehn Maisreihen schauen und die Stücke ansprechen.
Das Ansprechen in der Frucht und Schießen in Schlepperspuren oder auf Fehlstellen braucht eine sichere Hand; hier hat alles geklappt!
Ebenso ist das Anbringen einer sicheren Kugel in der Frucht eine Kunst. Meist ist der Ansitz an den bevorzugten Wechseln am Rand betroffener Felder aussichtsreicher. Da die Nacht kurz ist, lohnt es sich unter Umständen durchzusitzen und die Stücke beim Rückwechsel abzufangen. Hier bietet sich i.d.R. ein besseres Schussfeld als in den Fahrspuren der Traktoren.
Manchmal wird man aber auch abends überrascht: Während ich meinen Gedanken nachhing, steckte plötzlich ein Überläuferkeiler bei bestem Tageslicht erst sein Gebrech aus dem Raps, um dann Sekunden später auf dem Feldweg zu verhoffen. Da war keine Zeit mehr, den Gehörschutz aufzusetzen. Mit aller Vorsicht flog die BBF54 an die Backe, und das 10,5 g Kegelspitz aus der 7x65 R riss das Keilerchen von den Läufen. Unverhofft kommt im Feld eben auch oft!
Beschäftigung und Badespaß im Wald
Die Pirsch im Sommer ist wegen der knisternden Trockenheit meist anspruchsvoller, wenn man sich lautlos fortbewegen will. Dafür lohnt sich umso mehr das Angehen bekannter Suhlen mit ihren Malbäumen. Auch ein Abendansitz an der Suhle an warmen Juli- und Augusttagen ist sehr erfolgversprechend.
Wobei man man nur die bejagen sollte, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Feld und den potentiellen Schadflächen liegen. Suhlen mitten im Wald sollten zu dieser Jahreszeit tabu sein! Darüber hinaus sollte man ein Auge darauf haben, dass Suhlen in heißen Sommern nicht austrocknen. Die Attraktivität lässt sich an den Malbäumen natürlich durch Buchenholzteer und diverse Saulockmittel aus dem Fachhandel steigern. Alles dient dazu, die Schwarzkittel zum längeren Verweilen zu verführen.
Suhlen dienen nicht nur der Körperpflege, sie sorgen mit angelegten Malbäumen auch dafür, dass sich Sauen länger im Wald aufhalten.
Ein schöner Landregen nach längerer Trockenheit bringt das Schwarzwild ebenfalls früher auf die Läufe, weil es gerne bei Regen bricht. Die alten Jäger wussten sogar davon zu berichten, dass Sauen bei Regen – nach dem Motto „wenn schon nass, dann aber richtig“ – auch gern Suhlen annehmen.
Ablenkkirrungen sollten möglichst weit vom Feld entfernt liegen, sind regelmäßig zu beschicken und in einem Umkreis von 200 Metern jagdlich tabu. Jagdruhe ist dort zu dieser Zeit oberstes Gebot! Natürlich kann man nicht verhindern, dass Sauen ins Feld ziehen. Aber man kann sie möglichst lange im Wald beschäftigen, weshalb die breitwürfig ausgebrachten Maiskörner oder sogar ein Wühlstreifen, bei dem Mais in den Waldboden gedrillt wird, am besten funktionieren. Auch dort fällt dann kein Schuss! Genauso wie an kleereichen Daueräsungsflächen im Wald, die vom Schwarzwild ebenfalls gern angenommen werden.
Der frühe Jäger erlegt die Sau
Die Frühpirsch ist im Sommer meist günstiger. Denn wegen der kurzen Sommernächte verbummeln sich die Sauen häufig und können noch bei bestem Büchsenlicht im Feld angetroffen werden. Im August brechen Sauen gern auf Stoppelfeldern nach tiefliegenden Mäusenestern und vergessen – wie Meister Reineke beim Mausen im Winter auch – völlig die Zeit und Umgebung. Eine gute Chance für den Jäger, hier näher ranzukommen und eine sichere Kugel loszuwerden. Denn wenn sie aus der Tagträumerei erwachen, geben sie meist Fersengeld und wechseln im Troll dem schützenen Einstand zu.
An den Wechseln zu den ruhigen Tageseinständen kann man Schwarzkittel morgens und abends beim Bummeln erfolgreich abpassen.
Haben sie den Wald erreicht, bummeln Sauen bei Tageslicht auf ihrem Wechsel auch nochmal rechts und links brechend dem Tageseinstand entgegen. Eine kühlende und das Ungeziefer in Schach haltende „Morgentoilette“ in einer Suhle nahe dem Wechsel wird beim Erwachen des Tages gern noch mitgenommen.
Direkt nach der Ernte bleiben die Stoppeln ein, zwei Tage lang attraktive Anlaufpunkte, allein schon um Nachlese nach Druschabfällen zu halten. Trotz lichtschwachem Sommermond heben sich die Schwarzkittel auf der hellen Stoppel recht gut ab; ansprechen und schießen stellen keine große Herausforderung dar.
Nachtjagd 2.0 und ihre Konsequenzen
Allerdings haben, wie schon erwähnt, Wärmebildkamera und Nachtsichttechnik nicht nur beim Ansprechen die Karten neu gemischt, sondern die Nachtjagd auf Schwarzwild revolutioniert. Man kann ganz hervorragend größere Feldflächen „spotten“ bzw. ableuchten und dann gezielt die Sauen anpirschen. Sie eben dann bejagen, wenn sie da sind und zu Schaden gehen und nicht nur dann, wenn der Mond passt. Dann ist es den Probanden oft viel zu hell und sie glänzen im Revier durch Abwesenheit. Auch die Schussabgabe in der Finsternis wird durch die neue Technik in andere Sphären gehoben; im Sinne des Tierschutzes kann man das gar nicht hoch genug bewerten. Da wird eben nicht mehr mittendrauf gehalten, weil man vorne und hinten nicht auseinanderhalten kann.
Wie sich die Nachtjagdtechnik auf das Wildverhalten auswirken wird, ist unklar. Wildkameras stören nicht und bringen auch "Licht ins Dunkel".
Aber es gibt nie Licht ohne Schatten! Wie das Wild auf den neuen nächtlichen Jagddruck reagieren wird, steht in den Sternen. Wird es noch vorsichtiger und unsteter oder kehrt es gar zur Tagaktivität zurück? Weil auf der anderen Seite die Effektivität zu- und die Störung im Revier abnimmt. Mit der Ausrede „zu viele Wolken, kein Mond, keine Sicht“ braucht man allerdings dem von Wildschaden gebeutelten Landwirt künftig nicht mehr kommen, wenn der „seinen“ Jäger lässig am Tresen lehnend beim Bier antrifft. Die neue Nachtjagdtechnik ist – wie das Smartphone auch – ein Antreiber respektive macht uns Jäger dann selbst zum Gejagten.
Text: Franziska und Sascha Numßen
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